Wie verlässlich ist die Angabe der Hersteller und lässt sie sich wirklich auf die Alltagsnutzung übertragen?

Um den Stromverbrauch bei Elektroautos zu ermitteln, kommt seit 2017 weltweit das standardisierte Testverfahren für leichte Kraftfahrzeuge WLTP (Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure) zum Einsatz. Gemessen wird im Prüfstand unter Laborbedingungen. Dabei wird eine realitätsnahe Autofahrt simuliert.

WLTP löst damit das bisherige Verfahren NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) ab, das 1992 von der EU eingeführt wurde. Letzteres galt als wenig praxisnah und lieferte in der Simulation Verbrauchswerte, die deutlich vom Alltagsgebrauch des E-Autos abwichen.

Die Testparameter im Überblick:

NEFZ WLTP
Temperatur in der Prüfkammer 20–30°C 23°C
Streckenlänge beträgt 11 km 23 km
Zyklusdauer 20 min. 30 min.
Zyklusmerkmale zwei Phasen: 13 Minuten simulierte Stadtfahrt, 7 Minuten simulierte Überlandfahrt vier Phasen: low (bis 60 km/h), medium (bis 80 km/h), high (bis 100 km/h) und extra high (über 130 km/h)
Durchschnittsgeschwindigkeit ca. 33 km/h 47 km/h
Standzeitanteil 25 % 13 %
Höchstgeschwindigkeit 120 km/h über 130 km/h

 

WLTP berücksichtigt zusätzlich auch Parameter wie:

  • Sonderausstattung: Diese hat Einfluss auf das Gesamtgewicht.
  • Gesamtgewicht: Je schwerer das Auto, desto mehr Energie braucht es für die Beschleunigung.
  • Aerodynamik: Je windschnittiger das Fahrzeug, desto geringer der Verbrauch.
  • Rollwiderstand: Je schmaler und grösser der Reifen, desto geringer der Rollwiderstand, desto höher die Reichweite
  • Reifendruck: Ist dieser zu gering, wird mehr Energie benötigt.

Dadurch lassen sich verschiedene Fahrzeugmodelle leicht miteinander vergleichen.

Reichweiten für die beliebtesten E-Autos in Europa 2021 nach WLTP

Automodell Reichweite [km] nach WLTP
Tesla Model 3 510 bis 626
VW ID.3 330 bis 550
Renault Zoe 175 bis 300
VW ID.4 479 bis 525
Kia Niro 312 bis 485
Fiat 500e 298 bis 320
Hyundai Kona 305 bis 484
Skoda Enyaq 340 bis 510
Peugeot e-208 280 bis 340
VW e-Up! 134

 

Die unterschiedlichen Fahrstile von Autofahrern – der eine beschleunigt oft stark, der andere fährt lieber gleichmässig – lassen sich in einem standardisierten Prüfverfahren aber nur ungenügend abbilden. Ausser der individuellen Fahrweise spielen im Alltag noch andere Faktoren eine Rolle, wie die Nutzung von Klimaanlage und Sitzheizung, die Rekuperationsleistung und die Aussentemperatur. Ein Überblick:

  • Fahrstil: Häufiges Beschleunigen, Kavalierstarts und starkes Abbremsen senken die Reichweite.
  • Klimatisieren: Durch Kühlen und Heizen verringert sich die Reichweite.
  • Geschwindigkeit: Eine anhaltend schnelle Fahrt mindert die Reichweite genauso wie ständige Tempowechsel.
  • Witterung: Die Aktivierung der Klimaanlage – Kühlen und Heizen – verringert die Reichweite ebenso wie die Verwendung der Sitzheizung.
  • Akkudegradation: Die Kapazität des Akkus und damit die maximale Reichweite nimmt mit der Zeit und mit jedem Lade- und Entladevorgang kontinuierlich ab. Die Lebensdauer des Akkus kann jedoch durch richtige Pflege günstig beeinflusst werden.

Deshalb können auch die WLTP-Werte vom Alltagsbetrieb abweichen. WLTP liefert aber immer noch bessere Näherungswerte als die alte NEFZ-Methode.